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Taiji im Dialog

Erlebte Konflikte kraftvoll in Neues umwandeln

Taiji im Dialog bietet einen besonderen Zugang für Menschen, die

  • bisher Taijiquan in der Soloform geübt haben und einen Einstieg ins Tui Shou / push hands suchen
  • ihre Erkenntnisse im Taijiquan und Tui Shou vertiefen wollen
  • Probleme damit haben, mit Konfliktsituationen im Alltag gut umzugehen
  • Probleme mit der Selbstsicherheit und der Fähigkeit zur Selbstbehauptung haben und in sozialen Herausforderungen entweder dazu neigen „die Flinte ins Korn zu werfen” oder aber „mit dem Kopf durch die Wand zu wollen”
  • nach einer Methode suchen, mit der sich üben lässt, innere und äußere Kriegsschauplätze in Orte des Friedens zu verwandeln und die gern Körper, Geist und Herz gleichermaßen dafür nutzen wollen

Yin und Yang, Foto © IS Taiji ist der Name des Symbols der einander erzeugenden und bedingenden Gegensätze Yin und Yang. Deshalb bedeutet es auch „Höchstes Prinzip”. Wenn wir die innere Kampfkunst Taijiquan lernen, beschäftigen wir uns zunächst mit einem „Dialog in uns selbst”: das Zwiegespräch der polaren Kräfte Yin und Yang, die gleichermaßen Raum haben wollen, „gehört sein wollen” - im Wechselspiel von Anspannung und Entspannung, von Körper und Geist, von Aktivität und Ruhe...

Auch psychologisch gesprochen kennen wir die Situation, dass in uns zu gleicher Zeit verschiedene „Stimmen” ihr Recht fordern. Diese Stimmen werden beim ruhigen, meditativen Üben gut hörbar:

  • „ich bin müde und will einfach nur ausruhen” - „reiß dich mal zusammen” oder
  • „ich kapiere nicht, was das soll” - „egal, macht einfach Spaß, es zu tun” oder
  • „verdammt, warum kann ich das immer noch nicht” - „jetzt bin ich mal wieder dabei, mich unter Druck zu setzen”
... drei innere Gesprächspartner von unendlich vielen, denen wir begegnen können.

Taiji zu üben, bedeutet zu lernen, aus den scheinbaren Kontrahenten

  • der/die Erschöpfte <-> den/die Disziplinierte,
  • der/die Kopfgesteuerte <-> den/die Erlebensfreudige/n,
  • der/die Strebsame <-> den/die Selbstempathische aber auch Selbstkritische
Partner zu machen - aus ihren gemeinsamen Impulsen die Kraft zu ziehen, um die Aufgabe zu bewältigen, die gerade vor uns liegt.

Treffen nun zwei Individuen aufeinander, so treffen zwei Einheiten aufeinander, die die Zweiheit des Taiji in jedem Moment in sich tragen. Und wenn wir in den Dialog treten, so ringen wir auch hier oft um die rechte Balance zwischen gegensätzlichen Ansichten, Wünschen, Werten und Zielen. Im Sinne des Taiji bedeutet das: wie erschaffe ich eine immer wieder fließende Balance zwischen den scheinbaren Gegensätzen Yin und Yang - eine Balance, die das System als Ganzes befriedet und stabilisiert. Alles, was wir in einer verbalen Auseinandersetzung (oft nur unbewusst) psychisch durchleben, kann mit einfachen Partnerübungen aus dem Taijiquan körperlich erfahren, erforscht und verstanden werden - so dass sich neue Handlungsmöglichkeiten im Konflikt ergeben: es geht um die eigene Klarheit und Stabilität und um ausreichend Flexibilität, um jeden „Vorstoßes”, der gemacht wird, konstruktiv verwenden und seine Kraft zu einem guten Ergebnis umwandeln zu können.

Taiji im Dialog ist Selbstbefragung im Gespräch aber auch im körperlichen Tun. Es ist ein Training, das unsere Ressourcen in Selbstwahrnehmung, Selbsterkenntnis, Selbstgewissheit, Selbstbehauptung und Selbstverteidigung stärkt, aber auch in Empathie/Mitgefühl, in Gelassenheit, Toleranz und Respekt für die Belange unserer Dialogpartner - in allen Situationen des Lebens.



Bildfolge einer Übung: der „Angriff” erfolgt hier, indem der/die andere sich mit vollem Körpergewicht auf mich fallen lässt. Die durchlässige und geerdete Taiji-Struktur meines Körpers und ein entspannter, aber „zuhörender” Geist erlauben mir, die Last aufzunehmen und in einer elastischen Federwirkung auf das Gegenüber zurückwirken zu lassen.

Deutung der Übung im Taiji Dialog: jemand wirft sich mit der ganzen Macht seines Standpunktes auf mich, er erdrückt mich mit einem Schwall an Argumenten. Zwei nicht balancierte Antworten auf diese Gesprächseröffnung wären 1. Ich klappe unter dem Druck zusammen, verliere meinen Standpunkt / mein Gesicht 2. Ich stemme mich mit dem gleichen Druck dagegen und so sind wir in einem Machtkampf ineinander verkeilt. Die Taiji-Dialog-Lösung ist: ich achte darauf, dass ich in mir ruhe, ich bin zentriert und stabil. Nun kann ich mir erlauben nachgiebig zu sein, ich höre zu. Die Last des anderen verwandelt sich in meinem zuhörenden Körper in eine e-lastische Dynamik. So kommt meine Antwort sehr mühelos und zugleich kraftvoll. Für den anderen ist sie möglicherweise überraschend, aber niemals unsanft. Denn sie kommt in dem Moment, in dem der Schwung meines Gegenübers (Yang) erlischt und sein Körper/Geist aufnahmebereit (Yin) für einen neuen Impuls wird. Wir haben den Kreislauf von Yin-und-Yang einmal ganz durch uns beide hindurch laufen lassen.